Miteinander-Reden in politisch schwierigen Zeiten
Friedemann Schulz von Thun sagt in seinem gemeinsam mit Bernhard Pörksen herausgegebenen Gesprächsband „Die Kunst des Miteinander-Redens“, (2021, S. 203): „Demokratie und Liberalismus basieren auf der Prämisse, dass das Miteinander-Reden Sinn macht und gelingen kann, dass die Aushandlung von Konsens und Kompromiss erstrebenswert und machbar ist und (…) dass der gute Dialog ein Geburtsort der Vernunft ist. (…) Das ist die Prämisse, mit der das große Gespräch der Gesellschaft beginnt.“
Wie aber soll das funktionieren, wenn wir erleben, wie nicht nur in sozialen Medien Debatten eskalieren? Wie Unterstellungen und persönliche Angriffe normal geworden sind und Vertreter*innen des politischen Gegners (oder Feindes?) gewünscht wird, man möge sie hängen, „so lange es noch Bäume gibt“? Hat uns manch‘ populistischer, wissenschafts- oder gar menschenfeindlicher Diskurs in den letzten Jahren selbst unduldsamer werden lassen? Und bewegen wir uns deshalb primär in der eigenen Filterblase oder Echokammer, die wir immer seltener verlassen, weil es dann richtig anstrengend wird?
Wie können wir (als Lehrkräfte) mit Meinungen in Grenzbereichen und Grauzonen umgehen? Lassen wir konservative Positionen (z.B. Begrenzung von Zuwanderung, Nationalstaat als Identifikationsanker, traditionelle Vorstellungen von Familie), so sie nicht demokratie- oder menschenfeindlich auftreten, genauso zu, wie radikalere linke oder ökologische?
Das wollen wir bei diesem Workshop diskutieren; wir wollen Kommunikationsstrategien kennenlernen, entwickeln und ggf. auch erproben – als Diskutant*in ebenso wie als Moderator*in. Es geht um klare Spielregeln und Interventionen gegen antidemokratische und menschenverachtende Aussagen auf der einen Seite – und Offenheit, Zuhören und Diskurs als Voraussetzung für friedliche Konfliktlösung auf der anderen Seite.
Noch ein Tipp für alle, die bis Anfang September in Berlin vorbeischauen oder auf der Ausstellungs-Webseite stöbern mögen. Im Museum für Kommunikation in der Leipzigerstr. gibt’s die Ausstellung „Streiten“. Der Link:
https://streit.museumsstiftung.de/
Der Referent:
Michael Ohnesorge hat Wirtschafts- und Politikwissenschaften studiert und ist Gründungsmitglied des überparteilichen Vereins zur Förderung politischen Handelns, v.f.h. e.V. Er arbeitet als freiberuflicher Kommunikationstrainer, Coach und Berater für politische Organisationen, Verbände und Unternehmen(sgründer) und als freier Mitarbeiter des Lehrstuhls für „Didaktik der Politik“ an der Universität Göttingen zur Entwicklung von Unterrichtseinheiten und Lehrkräftefortbildungen im Bereich Demokratiebildung und Radikalisierungsprävention.